Brennpunkt-Seelsorge:

Lieber Wächter, HeartSync – über einen Seelsorgeansatz

In Jahren der Arbeit mit Suchtkranken und auch im Begleiten von jungen Erwachsenen habe ich sehr oft erlebt, wie gut und heilsam es sein kann, wenn klar angesprochen wird, was schiefläuft, was man beobachtet, was unausgesprochen in der Luft liegt. Bei all dem Unangenehmen, das eine Konfrontation mit sich bringt, hilft sie doch oft, damit die Luft eben wieder „rein“ ist und man wieder klarer sieht. Auf den Tisch bringen, statt unter den Tisch fallen lassen. Den Finger in die Wunde legen, statt um den heißen Brei herum reden.

Auch Jesus ist ja dafür bekannt, dass er Schieflagen zielsicher benennt und Wahrheit und Liebe auf einzigartige Weise verbindet.

Seit ich mit dem Seelsorge-Ansatz „HeartSync“ vertraut bin, habe ich eine größere Ahnung davon bekommen, wie unfassbar behutsam und respektvoll Jesus mit uns und allen Teilen unseres Herzens umgeht. Und wie gut es sein kann, mich mit meinem eigenen Urteilen, Einschätzen und Klassifizieren zurückzunehmen.

Eine Besonderheit des HeartSync-Ansatzes ist die Arbeit mit den sogenannten Wächtern. Wir alle haben sie, viele kennen wir. Abwehrmechanismen, Schutzstrategien, Blockaden, innere Grenzen … wie immer man sie nennen mag. Wenn im Gespräch so ein innerer Wächter auftaucht, wird er zuallererst willkommen geheißen. Wie gut, dass du da bist! Danke, dass du dich zeigst.

Die Wächter haben immer einen guten Grund für ihr Verhalten. Meist liegt er in der Kindheit. Damals war die Strategie des Wächters ein wichtiger Bewältigungsmechanismus und hat mit zum Überleben beigetragen. Im Heute ist sie manches Mal nicht mehr so konstruktiv.

Wenn sich ein Wächter zeigt, ist die Haltung des Begleiters voller Interesse und Neugier, das Bestreben ist Kennenlernen, Wertschätzen, in Beziehung treten und Verbindung aufbauen. Auch wenn die Wächter vielleicht ruppig sind oder ihre Überzeugungen nicht meinen entsprechen. Das braucht Einfühlungsvermögen. Aufmerksamkeit. Und Zeit.

Wie leicht klingt das – und wie schwer ist es. So schnell bin ich beim Kategorisieren und Einordnen. Und in Windeseile hängt sich dann noch eine Beurteilung daran. Eine eigene Einschätzung, eine Bewertung, ein Ratschlag … und schon zieht der Wächter wieder den Kopf ein und bringt sich in Sicherheit.

Könnte es sein, dass Jesus gerade so nicht mit mir und meinem Herzen umgeht? Bewertend, beurteilend und konfrontativ? Sondern voller Interesse nachfragend. Mit so viel Zeit. Unendlich wertschätzend! Dass es ihm viel weniger um „Richtigkeiten“ als um die Nähe zu ihm geht?

Während ich das schreibe, meldet sich auch bei mir ein Wächter, der warnt, der Bedenken hat, dem es wichtig ist, dass Gut und Böse klar benannt und getrennt werden, der keine Wischiwaschi-Frömmigkeit will. Auch ihm gilt ein „Herzlich Willkommen“. Und ich könnte weiter mit ihm reden: Wie schön, dass du dich zeigst! Wie gut, dass du aufpasst. Du hast sicher einen guten Grund, so zu denken. Magst du mir etwas davon erzählen?

Unsere Wächter lernen Neues nicht dadurch, dass sie Erklärungen hören, sondern dadurch, dass sie neue Erfahrungen machen. Und so ein wertschätzender Beziehungsaufbau kann schon Teil einer neuen Erfahrung sein, in der man spürt und erlebt: Jemand begegnet mir mit Interesse und Zuwendung. Ich darf da sein.

Bei allem, was dabei an Ressourcen aufgebaut wird, ist es letztlich doch nur eine Vorbereitung darauf, dass der Wächter nach einer Weile eingeladen wird, selbst in die Nähe von Jesus zu kommen. Natürlich nur, wenn er mag. Und nur so nah, wie es sich sicher anfühlt. Er bestimmt das Tempo.

Wenn er bereit dafür ist, darf der Begleiter oft einfach zusehen und staunen, was in der Begegnung mit Jesus geschieht. Wie liebevoll Jesus ist. Wie behutsam. Wie sich in seiner Nähe ganz von selbst ordnet, was lebensfördernd ist und was nicht. Wie Wächter entlastet werden oder neue Aufgaben bekommen. Und vor allem: wie unter seinem Blick Verbindung entsteht. Wie Getrenntes wieder zusammenkommt – im eigenen Herzen und in der Beziehung zu Jesus.
Da scheint ein Lebens-Geheimnis darin zu liegen, in diesem Blickkontakt mit Ihm.

So wie unter dem zugewandten aufmerksamen elterlichen Blick über dem Säugling Bindung und Ich-Werdung geschieht. So leuchtet, wie es uns im aaronitischen Segen zugesprochen wird, Sein Angesicht über uns. Und was dabei herauskommt, ist Freude. Keine Beschämung, sondern Strahlen vor Freude (Ps 34). Was für eine Hoffnung: dass dieser Gott, dem es zutiefst um Beziehung und Verbindung mit uns geht, seinen Blick, sein Ansehen, sein Angesicht über uns leuchten lässt, und dass unter diesem Blick alles an seinen Platz kommt.

Mit HeartSync hat Rev. Andrew Miller einen auf einem biblischen Menschenbild basierenden Seelsorgeansatz entwickelt, der Elemente aus verschiedenen Seelsorge- und Therapierichtungen unter Einbezug neurowissenschaftlicher Erkenntnisse vereint. Dabei ist ihm eine tiefgehende Verschränkung von Elementen der Traumatherapie und der Gebetsseelsorge gelungen. Verletzte und abgespaltene Anteile des Herzens werden bewusst wahrgenommen und neu mit Gott und miteinander in Beziehung gebracht. HeartSync ist ein wirksamer Schlüssel für Menschen, die in ihrem Leben Blockaden durch Zerbrochenheit erleben und sich nach Versöhnung und erneuerter Beziehung zu sich, zu anderen Menschen und Gott sehnen. Die Ratsuchenden erfahren eine neue Tiefe in ihrer Gottesbeziehung. Diesen Vorgang nennt Andrew Miller „Synchronisation des Herzens“ (HeartSync).

HeartSync kann besonders hilfreich sein für Menschen,

  • die darunter leiden, dass frommes Kopfwissen nicht ins Herz rutscht
  • die innere Zerrissenheit wahrnehmen
  • die schwierige Bindungs-Erfahrungen gemacht haben
  • die über innere Blockaden stolpern
  • die unter Selbstablehnung leiden
  • die sich nach Vertiefung ihrer Beziehung zu Jesus sehnen.

Von Hanna Epting
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Kontaktmöglichkeiten mit HeartSync-Begleitern und Informationen über die Ausbildung dazu finden Sie unter www.heartsync.eu

Brennpunkt-Seelsorge 1 / 2022: Umgestaltet – Geistlich in die Tiefe wachsen
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