private Aufnahme

Mit den Augen einer Mutter

Staunen über Gottes Liebe

Annika Wunderlich – „Kinder sind das Beste, was uns passieren kann“, sagte die ältere Frau mit Blick auf meinen runden Bauch zu mir. Bestätigend lächelnd, nickte ich.

So denkt nicht jeder. Entweder weil er kein großer Fan von Kindern ist oder aus anderen Gründen. Manch einer fragt sich, wie man in Zeiten von Kriegen, Pandemie, Klimawandel und wirtschaftlich unsicheren Zeiten auf die Idee kommen kann, Kinder zu kriegen. Ganz ehrlich? So habe ich nie gedacht. Ich wollte schon immer Mama werden. Zwischendurch auch mal Tierärztin. Aber die Sehnsucht zu heiraten und Kinder zu bekommen, war schon immer da. Äußere Umstände haben nie etwas daran geändert. Vielleicht schaue ich zu wenig Nachrichten, weil ich das Gefühl habe, dafür irgendwie keine Zeit und Kraft übrig zu haben. Oder es ist schlicht ein Geschenk, dass ich in dem Wissen ruhen darf, dass Gott der Herr über alles ist und dass er die Fäden und unser Leben in seiner Hand hält. Du bist ein Gott, der mich sieht (1 Mo 16,13). Er hat uns nicht vergessen! Sein liebevoller Blick ruht auf uns. Meine Mädchen haben mich in Bezug auf mein Vertrauen zu Gott positiv verändert. Kurz zu mir: Ich bin glücklich verheiratet mit Lukas und habe zwei wunderbare Töchter, fast drei Jahre und fünf Monate alt. Mir ist der oft anstrengende Alltag inklusive nächtlichen Unterbrechungen, schmerzenden Schultern vom Tragen, Stillproblemen, ausgelaufenen Windeln und Wolle-Seide-Bodys, aus denen die Flecken nicht mehr rausgehen wollen, bestens bekannt.

Und doch liebe ich es, Mama zu sein. Schon ­während der Schwangerschaft wuchs diese leidenschaftliche Mutterliebe in meinem Herzen. Niemand könnte mir je diese Augenblicke mit meinen Töchtern bezahlen, sie sind unendlich kostbar: Die ersten Schritte. Das strahlende Lächeln und begeisternde Glucksen der Kleinen, wenn die Große sie zum Lachen bringt. Die vielen Stunden, die wir kuschelnd mit Lesen auf dem Sofa verbringen. Trost und Nähe schenken. Urkomische Aussagen meiner Zweijährigen, die ich später in mein Notizbuch schreibe. Leuchtende Augen und ausgelassene Freude. Tanzen, als würde niemand zuschauen. Diese Geborgenheit, die ich selbst erfahre, wenn ich Geborgenheit schenke. Diese ungetrübte Neugier auf das Leben. Die Freude daran, auf Mauern zu laufen und in Pfützen zu springen. Die Faszination für Tiere. Diese herrliche Freiheit „Nein!“ zu sagen. Sich immer wunderschön zu finden. („Mama, meine Haare sind sooo söööön und soooo weich. Hannah toll aussieht!“).

Die viele Zeit, die ich mit den Mädchen verbringe, verändert mich. Im Alltag, wenn ich an meine Grenzen stoße, die Ungeduld beim Umkippen des Bechers überhandnimmt („Ach Mama, nit so slimm ist. Einfach wieder wegmachen.“) oder sich der Unmut der Großen gegen die Kleine richtet. Aber sie fordern mich nicht nur darin heraus, meine eigene Unreife zu erkennen und daran zu arbeiten, sondern meine Liebe zu ihnen hat etwas tief in mir verändert. Es gab einen Moment, in dem ich begriff, dass Gott mich mehr liebt, als ich meine Kinder jemals lieben könnte. Und dass er sie mehr liebt, als ich es jemals könnte. Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten! Mt 7,11

Kinderkriegen – eine gute Idee?

Gott ist die Liebe. Wie viel barmherziger, gütiger, weiser und größer ist er doch als wir es jemals sein könnten! Diese unzähmbare, leidenschaft­liche Liebe in mir zu meinen Kindern lässt mich erahnen, wie sehr Gott uns liebt. Manchmal stehe ich fassungslos vor dieser Liebe. Wie sehr wünsche ich mir, dass aus diesem Kopfwissen immer mehr eine Herzensgewissheit wird, die mich staunend und anbetend vor meinem Gott stehen lässt! Mein Herz, das immer wieder in die Leistungsfalle tritt, darf zur Ruhe kommen: „Nie, nie könnte ich verdienen, was deine Liebe tat“, so heißt es in einem Lobpreislied, das ich gerade sehr gerne höre. Wie wahr! Ich kann mir Gottes Liebe ebenso wenig verdienen, wie ich sie verspielen kann. Sie steht fest und bleibt. In meiner Liebe zu meinen Töchtern wird Gottes Liebe ein Stück greifbarer für mich und lässt mich staunend zurück. Wie könnte ich diesem Gott nicht mein Vertrauen schenken?

Ist es also eine gute Idee, heutzutage noch Kinder zu bekommen? „JA!“, möchte ich in die Welt hinausrufen! Weil Kinder wunderbar sind! Weil durch sie ein Reifeprozess ausgelöst wird, der uns verändert und zu genießbareren Zeitgenossen werden lässt. Weil es so viel von ihnen zu lernen gibt.
Was wäre diese Welt für ein Ort ohne ihre leuchtenden Augen, ihren Charme, ihre Wahrhaftigkeit, ihre Lebensfreude und Neugier, ihre tapsigen Schritte und ihr mutiges Immer-wieder-Aufstehen?! Kinder brauchen uns und wir brauchen sie. Und Gottes Liebe wird durch sie auf eine einzigartige Art und Weise sichtbar und erfahrbar in unserem Leben.

Annika Wunderlich hat 2012/13 ein FSJ bei der OJC gemacht. Inzwischen ist sie fast fertig mit ihrem Master in Arabistik und Italienistik.

Brennpunkt-Seelsorge 1 / 2023: Ganz im Vertrauen
Magazin bestellen oder PDF downloaden
Vorheriger Beitrag
Vertrauen wagen
Nächster Beitrag
Biografische Tsunamis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.

Weitere Artikel zum Thema

Archiv